Vorsicht mit der Behandlung als "unbeschränkt steuerpflichtig"
- Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 05. November 2024 10:02
- Geschrieben von Christoph Sander
Gerade Rentner, die in Spanien wohnen oder nach Spanien gezogen sind, werden vermehrt vom zuständigen Finanzamt Neubrandenburg angeschrieben und über die Möglichkeit der „Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig“ aufmerksam gemacht. Da diese Schreiben leider oft „missverstanden“ werden, wird im Folgenden kurz auf die Auswirkungen der „Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig“ und die damit verbundenen Risiken eingegangen.
In den Schreiben des Finanzamtes werden die möglichen negativen Auswirkungen für den Steuerzahler oft lediglich mit den folgenden Hinweisen erklärt:
“Falls Sie die deutschen Rentenzahlungen bereits in Ihrem Wohnsitzstaat beim Finanzamt versteuert haben, müssen Sie sich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung an Ihr Finanzamt in Ihrem Wohnsitzstaat wenden."
Das Ziel bei der Beantragung der Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig besteht in der Wiedererlangung des für vollsteuerpflichtige bestehenden Grundfreibetrages, der persönlichen und familienbezogenen Vergünstigungen, der Absetzbarkeit außergewöhnlicher Belastungen und der Möglichkeit des Ehegattensplittings, welche ansonsten bei der beschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt werden können.
Vollsteuerpflicht nach DBA besteht weiterhin in Spanien: Die Besteuerungsgrundlage, deutsche Renten in Spanien versteuern zu müssen, ergibt sich aus dem spanischen Einkommensteuergesetz und dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Spanien und Deutschland:
Artikel 17 des DBA zu Ruhegehältern und Renten:
„(2) Jedoch können Vergütungen, die auf Grund des Sozialversicherungsrechts eines Vertragsstaats geleistet werden, auch in diesem Staat und nach dem Recht dieses Staates besteuert werden, wenn das den Anspruch auf die Vergütungen begründende Ereignis nach dem 31. Dezember 2014 eintritt. Die Steuer darf aber 5 vom Hundert des Bruttobetrags der Vergütungen nicht übersteigen, wenn das den Anspruch auf die Einkünfte begründende Ereignis zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 31. Dezember 2029 eintritt. Tritt das Ereignis am oder nach dem 1. Januar 2030 ein, darf die Steuer 10 vom Hundert des Bruttobetrags der Vergütungen nicht übersteigen.“
Spanien kann somit zurzeit 95% der Renten von in Spanien ansässigen Rentnern besteuern, ohne dass es hierbei entscheidend ist, ob der Steuerzahler in Deutschland ebenfalls eine „Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig“ beantragt hat oder nicht. Deutschland kann, wenn überhaupt, lediglich 5% besteuern.
Kommt es jedoch auf Antrag mit dieser internen deutschen Behandlung zu einem Steuersatz von über 5% in Deutschland, wären in Spanien lediglich die 5% steuermindernd und auf den Rest wäre tatsächlich doppelt in beiden Ländern zu zahlen. Es handelt sich hier somit nicht um einen Fehler im Doppelbesteuerungsabkommen sondern um einen Fehler bei der Beantragung der freiwilligen Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig, welche mit dem folgenden Beispiel veranschaulicht werden kann:
Beispiel A) deutsche Rente von 36.000€ brutto im Jahr:
Normale Behandlung und Besteuerung zu 5% in Deutschland: | Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig. | |
Rente brutto | 36.000€ | 36.000€ |
Steuern in Spanien | 6.400€ | 6.400€ |
Steuern in Deutschland | 1.800€ | 4.300€ |
Abzugsfähige Steuern in Spanien (maximal 5% DBA) | -1.800€ | -1.800€ |
Steuern zu zahlen in Spanien | 4.600 | 4.600 |
Steuern gesamt | 6.400€ | 8.900€ |
Rente netto | 29.600 | 27.100 |
In diesem Beispiel kann die Steuer aus Deutschland nur teilweise abgezogen werden und würde sich bei einer normalen Behandlung, ohne Antrag auf Behandlung auf unbeschränkt steuerpflichtig, auf lediglich 5% beziehen. Mit Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig wäre somit eine Steuer in Deutschland zu zahlen die nur teilweise in Spanien abgezogen werden könnte. Es käme somit zu einer tatsächlichen Doppelbesteuerung eines Teiles der Rente mit einer Mehrbelastung von ca. 2.500€ pro Jahr.
Beispiel B) deutsche Rente von 15.200€ brutto im Jahr:
Normale Behandlung und Besteuerung zu 5% in Deutschland: | Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig. | |
Rente brutto | 15.200€ | 15.200€ |
Steuern in Spanien | 771€ | 771€ |
Steuern in Deutschland | 760€ | 0€ |
Abzugsfähige Steuern in Spanien (maximal 5% DBA) | -760€ | 0€ |
Steuern zu zahlen in Spanien | 11€ | 771€ |
Steuern gesamt | 771€ | 771€ |
Rente netto | 14.429 | 14.429 |
In diesem Beispiel kann die Steuer aus Deutschland voll abgezogen werden. Es ist somit lediglich die Differenz in Spanien zu zahlen. Da in Spanien mehr als in Deutschland zu zahlen ist (11€ mehr als die 5% in Deutschland), könnte die deutsche Steuer durch die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig zwar ver mieden werden, die gesamte Steuerpflicht wäre allerdings identisch. Aufgrund des erhöhten Verwaltungsaufwands wäre somit auf die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig zu verzichten.
Beispiel C) deutsche Rente von 12.000€ brutto im Jahr:
Normale Behandlung und Besteuerung zu 5% in Deutschland: | Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig. | |
Rente brutto | 12.000€ | 12.000€ |
Steuern in Spanien | 0€ | 0€ |
Steuern in Deutschland | 600€ | 0€ |
Abzugsfähige Steuern in Spanien (maximal 5% DBA) | -600€ | 0€ |
Steuern zu zahlen in Spanien | 0€ | 0€ |
Steuern gesamt | 600€ | 0€ |
Rente netto | 11.400 | 12.000 |
Lediglich in diesem letzten Beispiel kann eine Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig vorteilhaft sein, da somit in Deutschland nicht die 5% gezahlt werden müssen und in Spanien keine Steuererklärung eingereicht werden müsste. Grundsätzlich kann es somit sinnvoll sein die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig zu beantragen, wenn Ihre Bruttorente unter 15.200€ liegt. Berechnen Sie Ihre ungefähre Steuerlast mit einem Steuerrechner:
Von seitens unserer Kanzlei helfen wir Ihnen gern bei der Analyse Ihrer konkreten Situation, nehmen für Sie notwendige Verwaltungsakte vor und helfen Ihnen auch gern bei der Abgabe der entsprechenden Steuererklärungen. Bei Interesse oder konkreten Fragen zum Thema stehen wir Ihnen gern per Mail oder telefonisch in deutscher Sprache zur Verfügung.
Autor:
Christoph Sander
Rechtsanwalt & Steuerberater, Geschäfsführender Partner
sander@sspartners.es
Tel: (+34) 951 12 13 06
Tel: (+34) 951 12 00 69
Facebok I LinkedIn I Amazon