Erben, Bedachte, Annahme, Haftung
- Zuletzt aktualisiert am Montag, 28. März 2022 09:57
- Geschrieben von Christoph Sander
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Durch die neue europäische Erbrechtswahl, wird das spanische Erbrecht besonders für in Spanien lebende deutsche Residenten interessant, da diese, jetzt frei zwischen dem spanischen und dem deutschen Erbrecht wählen können. Je nach den Wünschen des Erblassers, kann die Anwendung des spanischen Erbrechtes vielerlei Vorteile mit sich bringen.
Erben und Bedachte
Der Erblasser hat nach spanischem Recht, im Testament, mindestens einen Erben zu bestimmen. Wird im Testament weder Erbe noch Bedachter bestimmt, noch lässt sich die Zuweisung des Erben anderweitig aus dem Testament erkennen, gilt das Testament im spanischen Recht als nichtig und es wird die gesetzliche Erbfolge angewandt. Diese Regelung findet auch im deutschen Recht Anwendung, wenn der Erblasser nur einen Erben eingesetzt und die Einsetzung auf einen Bruchteil der Erbschaft beschränkt hat oder die Einsetzung mehrere mit einem Bruchteil eingesetzten Erben das Ganze nicht erschöpfen. Es ist also sowohl nach deutschem als auch nach spanischem Recht zu empfehlen, die Erben bestmöglich zu identifizieren und als diese zu benennen.
A) Erben
Das spanische Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet im Bezug auf Erben und Bedachte je nachdem, ob diese in der Gesamtheit des Nachlasses erben oder ob ihnen eine bestimmte Sache zugeschrieben wird. Auch nach deutschem Recht, ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zuwendet. Dieses gilt auch, wenn der Bedachte nicht als Erbe bezeichnet ist.
B) Bedachte
Wird eine Person vom Erblasser jedoch mit einer bestimmten Sache bedacht, ist diese als Bedachter zu identifizieren. Es handelt sich hierbei nicht um einen Erben, womit die Annahme oder Ausschlagung zu keinerlei persönlicher Verantwortung führt. In gleicher Hinsicht besagt auch das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch, dass im Zweifel nicht anzunehmen ist dass dieser Erbe sein soll, sollten ihm nur einzelne Gegenstände zugewendet werden. Genau wie im vorigen Fall, ist die vom Erblasser gemachte Bezeichnung hierbei unerheblich und gilt auch, wenn der Bedachte als Erbe bezeichnet ist.
Sowohl im spanischen als auch im deutschen Erbrecht ist es somit möglich, neben den Erben (Wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zuwendet), die so genannten “Bedachten” zu benennen (Ist eine Person vom Erblasser mit einer bestimmten Sache bedacht).
Annahme, Ausschlagung und Haftung
Im Gegensatz zum deutschen Erbrecht, muss im spanischen Erbrecht die Erbschaft entweder angenommen oder ausgeschlagen werden. In dem Zeitraum zwischen dem Tot des Erblassers und der Annahme durch die Erben befindet ich die Erbschaft in einer Art Ruhezustand und hat übergangsweise keinen Eigentümer. In Deutschland hingegen, geht die Erbschaft direkt in das Eigentum bzw. Teileigentum des Erben über, wobei dieser die Möglichkeit hat, diese innerhalb einer Frist auszuschlagen. Im deutschen Recht gilt die Erbschaft somit nach Ablauf der Frist als angenommen.
Annahme- Ausschlagungsfrist
Da sich in Spanien die Erbschaft bis zur Annahme in einem Ruhezustand (herencia yacente) befindet, besteht grundsätzlich keine Frist in Bezug auf Annahme oder Ausschlagung. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass andere Erben oder Dritte den mutmaßlichen Erben gerichtlich auffordern, eine Absichtserklärung abzugeben. In diesem Fall setzt der Richter dem mutmaßlichen Erben eine Frist um über die Annahme oder Ausschlagung Auskunft zu geben. Wird die Frist versäumt, gilt die Erbschaft ähnlich wie in Deutschland als angenommen. Eine weitere wichtige Ausnahme besteht, wenn der Erbe seine Haftung auf das Erbe begrenzen möchte. Die Frist hierzu beträgt 30 Tage nach Kenntnis des Todes, wenn sich der Erbe bereits im Besitz eines Teils der Erbschaft befindet oder wenn ihm eine Frist vom Richter gesetzt wurde. Wie genau dieses haftungsbeschränkende Verfahren (beneficio de inventario) einzuleiten ist, wird im Folgenden behandelt.
Im Gegensatz zum spanischen Recht gilt in Deutschland, das Erbe grundsätzlich automatisch als angenommen, wenn es nicht ausdrücklich ausgeschlagen wird. Diese Ausschlagung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen und beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Erbe von dem Erbfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt. Ist der Erbe durch das Testament berufen, beginnt die Frist nicht bevor das Nachlassgericht dieses bekannt gibt. Die Frist beträgt sechs Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland hatte oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält. Die im Folgenden behandelte Möglichkeit die Haftung auf den Nachlass zu beschränken ist ebenso im deutschen Recht unter der Bezeichnung des Nachlassinsolvenzverfahrens oder der Nachlassverwaltung wieder zu finden.
Form der Annahme / Ausschlagung
Nach spanischem Recht kann die Erbschaft entweder ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln angenommen werden. Die Annahme durch schlüssiges Handeln ist immer dann möglich, wenn der Erbe Handlungen vornimmt, welche dessen Annahmeabsicht erkennen lassen bzw. über das Erbe verfügt. Werden lediglich für den Erhalt des Erbes notwendige Handlungen vorgenommen, stellen diese keine Annahme da. Die Erbschaft gilt ebenfalls als angenommen, wenn der Erbe sein Recht an eine andere Person abtritt, wenn er auf sein Erbe zu Gunsten einer anderen Person verzichtet oder für seinen Verzicht eine Gegenleistung akzeptiert sowie wenn er versucht Vermögen aus der Erbschaft zu entziehen oder dieses zu verschweigen. In allen genannten Fällen nimmt der Erbe die Erbschaft durch “einfache und schlichte Annahme” an und haftet somit für dessen Schulden mit seinem Privatvermögen. Diese Art der Annahme kann in privaten oder öffentlichen Dokumenten erfolgen.
Möchte der Erbe sein Erbe entweder ausschlagen (renunciar) oder die Haftung seines Privatvermögens ausschließen (beneficio de inventario), hat er die entsprechende Erklärung entweder vor einem Notar oder direkt vor dem Richter des Nachlassgerichtes abzugeben.
Im deutschen Recht kann der Erbe die Erbschaft annehmen oder ausschlagen sobald der Erbfall eingetreten ist. Wie bereits erwähnt, gilt das Erbe nach Ablauf der genannten Frist als angenommen, womit der Erbe dieses vorher ausschlagen muss um die Annahme zu verhindern. Die Ausschlagung erfolgt durch die Abgabe einer Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht und ist zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Teilannahme und Teilausschlagung
Sowohl im spanischen, als auch im deutschen Erbrecht, ist eine Teilannahme bzw. Teilausschlagung ausgeschlossen. Mit den Worten des spanischen Bürgerlichen Gesetzbuches kann eine Annahme weder lediglich in einem Teil des Erbes erfolgen noch kann sie auf eine bestimmte Bedingung oder einen bestimmten Zeitraum beschränkt werden. Im deutschen Recht heißt es weiter, dass die Annahme oder Ausschlagung eines Teils unwirksam ist. Trotzdem, erlauben beide Rechtsordnungen, dass der Erbe, wenn er ohne das Testament als gesetzlicher Erbe berufen sein würde, die Erbschaft als eingesetzter Erbe ausschlägt und als gesetzlicher Erbe annimmt. Eine Annahme des Erbes und Ausschlagung eines Vermächtnisses oder umgekehrt ist somit ohne weiteres möglich.
Haftung, Inventarerrichtung, Nachlassinsolvenzverfahren und Nachlassverwaltung
Grundsätzlich beinhaltet das Erbe, sowohl in Spanien als auch in Deutschland, alle dem Erblasser zustehenden Vermögensgegenstände und die ausstehenden Schulden. Wird eine Erbschaft angenommen ohne die Verantwortung zu beschränken, geht diese in das Vermögen des Erben ein und dieser haftet für die Begleichung der anstehenden Schulden. Übersteigen die hinterlassenen Schulden das hinterlassene Vermögen, kann die Annahme des Erbes schnell zu unerwünschten Konsequenzen führen.
Ist der Erbe nicht genau über die Vermögens- und Schuldverhältnisse des Erblassers informiert, oder möchte er aus anderen Gründen eine mögliche Haftung seines Privatvermögens ausschließen, bietet ihm sowohl das deutsche als auch das spanische Erbrecht verschiedene Möglichkeiten.
Um in Spanien die Haftung auf das Erbe zu begrenzen, ist die Form des “Inventarsprofits” (beneficio de inventario) zu wählen, welche stark der deutschen Nachlassverwaltung ähnelt. Hierbei ist zu beachten, dass diese Form der Annahme innerhalb von 30 Tagen nach Kenntnis des Todes zu tätigen ist, sollte der Erbe bereits im Besitz eines Teiles des Erbes sein oder sollte Ihm der zuständige Richter des Nachlassgerichtes eine Frist zur Annahme oder Ausschlagung gesetzt haben. Im letzteren Fall beginnt die Frist mit dem Ablauf der gesetzten Frist und der damit verbundenen automatischen Annahme des Erbes. Die Erklärung ist zusammen mit einem Inventar bzw. eines Nachlassverzeichnis des Erbes entweder vor einem Notar, oder direkt vor dem Richter des Nachlassgerichtes abzugeben. Ist der Erbe weder im Besitz der Erbschaft noch wurde ihm vom Richter eine Frist gesetzt, gilt ebenfalls die 30 Tage Frist ab dem Zeitpunkt, sobald er die Erbschaft durch schlüssiges Handeln annimmt.
Auch nach deutschem Recht, beschränkt sich die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist. Der Unterschied zum spanischen “beneficio de inventario”, besteht in der Möglichkeit, auch nach Annahme der Erbschaft bzw. nach Verstreichen der Frist, die Verantwortung zu beschränken. Das hierfür im deutschen Recht verankerte Nachlassinsolvenzverfahren ermöglicht es dem Erben nach Kenntnis der Überschuldung des Nachlasses seine Verantwortung durch die unverzügliche Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beschränken. Ist in Spanien de 30 Tage Frist verstrichen, haftet der Erbe auch wenn er erst im Nachhinein die Zahlungsunfähigkeit feststellt.
Wichtiger Hinweis zur Rechtswahl
Damit sich Ihr Erbe nach deutschem Recht regelt, reicht es bei Wohnsitz in Spanien nicht aus, Ihr Testament in Deutschland aufzugeben. Ohne eine entsprechende Erbrechtswahl im Testament wird das Erbrecht Ihres Wohnsitzes angewandt. Weitere Informationen zur Erbrechtswahl für Deutsche mit Wohnsitz in Spanien finden Sie im Artikel “Die neue Erbrechtswahl in Spanien”.
Von Seitens unserer Kanzlei helfen wir Ihnen gern bei der Analyse Ihrer konkreten Situation, erstellen für Sie eine Erbrechts- und Steuerplanung und helfen Ihnen auch gern bei der Erstellung des entsprechenden Testamentes. Bei Interesse oder konkreten Fragen zum Thema, stehen wir Ihnen gern per Mail oder telefonisch in deutscher Sprache zur Verfügung.
Autor:
Christoph Sander
Rechtsanwalt & Steuerberater, Geschäfsführender Partner
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