Wichtige Erbrechtswahl in Spanien
- Zuletzt aktualisiert am Samstag, 11. November 2017 11:05
- Geschrieben von Christoph Sander
Bis August 2015 wurden Erbschaften von in Spanien lebenden Deutschen grundsätzlich nach deutschem Recht und in Deutschland abgewickelt. Mit der, im August 2015 in Kraft getretenen europäischen Erbrechtsreform erben nun auch Deutsche nach spanischem Recht, wenn im Testament nicht die entsprechende Rechtswahlmöglichkeit genutzt wird.
Mit der neuen europäischen Erbrechtsverordnung 650/2012 wird sowohl das Wohnsitzprinzip als auch die Rechtswahlmöglichkeit im europäischen Erbrecht verankert. Die neue Regelung gilt für alle grenzüberschreitenden Erbfälle innerhalb der Europäischen Union, in denen der Erblasser nach dem 17. August 2015 verstirbt. Ausgenommen sind lediglich Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich. In diesen Fällen werden weiterhin die entsprechenden Vereinbarungen zwischen der EU und diesen Ländern angewandt. Als grenzüberschreitende Erbfälle gelten alle, in denen eine Person in einem ihrer Staatsbürgerschaft fremden Land verstirbt, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Anwendbares Recht und Rechtswahl
Das neue, im Artikel 21 verankerte Wohnsitzprinzip besagt, dass grundsätzlich das Recht des Staates des letzten Wohnsitzes (gewöhnlicher Aufenthalt) des Erblassers anzuwenden ist. Somit wird nicht mehr automatisch das nationale Recht des Verstorbenen angewendet. Lebte ein Deutscher bereits 10, 20 oder 30 Jahre in Spanien, wurde bis vor Kurzem das deutsche Recht auf den Erbfall angewandt, ohne dass dieser eine Rechtswahl treffen konnte. Mit dem genannten Wohnsitzprinzip ändert sich diese Regelung von Grund auf. Abgesehen von wenigen Ausnahmen wird jetzt das Recht des Wohnsitzes angewandt, da dieser nach der Verordnung eine “besonders enge und feste Bindung zu dem betreffenden Staat erkennen lässt.” Auch wenn in dieser Hinsicht immer eine “Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und zum Zeitpunkt seines Todes vorzunehmen ist und dabei alle relevanten Tatsachen zu berücksichtigen sind”, kann ein Umzug bereits ausreichen um den Wohnsitz in Spanien zu begründen.
Da die Bindung zum spanischen Staat für Deutsche die gerade einmal ein Jahr in Spanien leben oder für Deutsche die bereits 30 oder 40 Jahre in Spanien leben jedoch sehr unterschiedlich sein kann, sieht die neue Regelung eine Rechtswahlmöglichkeit vor, durch welche der Erblasser ausdrücklich sein nationales Recht für sein Erbe vorsehen kann. Wer als Deutscher nach Spanien zieht oder bereits länger in Spanien lebt, jedoch weiterhin möchte, dass das deutsche Erbrecht Anwendung findet, kann im Testament eine entsprechende Rechtswahl vornehmen.
“Die Rechtswahl sollte ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben.” Hat der Erblasser zwar nicht ausdrücklich eine Wahl getroffen, jedoch Bezug auf spezifische Bestimmungen des deutschen Rechts genommen oder das deutsche Recht in anderer Weise erwähnt, gilt dieses als gültige Rechtswahl.
Um mögliche Probleme in Bezug auf die Interpretation des letzten Willens zu vermeiden und um den Erben die größtmögliche Rechtssicherheit zu bieten, ist eine ausdrückliche Rechtswahl unbedingt zu empfehlen.
Beispiel zur Rechtswahl:
A) Walter zieht mit dem Erhalt seiner Rente im Jahr 1990 nach Spanien und verstirbt dort im Jahr 2016 testamentlos: Aufgrund der fehlenden Rechtswahl, ist das spanische Recht anzuwenden weil Walter seinen Wohnsitz in Spanien hatte.
B) Paul zieht mit dem Erhalt seiner Rente im Jahr 2005 nach Spanien und verstirbt dort im Jahr 2016. Vor seinem Tod gibt Paul ein spanisches Testament auf, in welchem er ausdrücklich die Anwendung des deutschen Erbrechts vorsieht: Es wird das deutsche Erbrecht angewandt weil Paul in seinem Testament ausdrücklich die Anwendung seines nationales Rechts vorgesehen hat.
Gerichtszuständigkeit und Gerichtsstandsvereinbarung
Grundsätzlich sind die spanischen Gerichte für den gesamten Nachlass zuständig, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz (gewöhnlichen Aufenthalt) in Spanien hatte. Wird jedoch vom Erblasser eine Rechtswahl getroffen und dabei das deutsche Recht gewählt, ist es möglich, den gesamten Nachlass vor den deutschen Gerichten abzuwickeln wenn sich die Parteien in Form einer Gerichtsstandsvereinbarung auf die deutschen Gerichte festlegen oder wenn sich das spanische Gericht auf Antrag einer der Vertragsparteien als unzuständig erklärt. Es ergeben sich somit die folgenden Möglichkeiten:
Keine Rechtswahl |
Die allgemeine Zuständigkeit liegt bei den spanischen Gerichten |
|
Wahl des deutschen Erbrechts |
allgemeine Zuständigkeit |
spanische Gerichte |
Gerichtsstands- vereinbarung |
deutsche Gerichte |
|
Unzuständigkeits- erklärung |
einvernehmlich: deutsche Gerichte | |
gerügt: spanische Gerichte |
Weitere und vertiefte Informationen zu den Vor- und Nachteilen zwischen dem deutschen und dem spanischen Testament finden Sie im Artikel: "Testament in Deutschland oder in Spanien?"
Problematik Überwintern in Spanien
Um den gewöhnlichen Aufenthalt bzw. Wohnsitz des Erblassers zu bestimmen, soll die mit der Erbsache befasste Behörde eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und zum Zeitpunkt seines Todes vornehmen und dabei alle relevanten Tatsachen berücksichtigen, insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthaltes.
Halten Sie sich mehr als die Hälfte des Jahres in Deutschland auf und verbringen lediglich einen Teil des Jahres in Spanien (Überwintern), befindet sich Ihr Wohnsitz grundsätzlich weiterhin in Deutschland. Leben Sie jedoch mehr als die Hälfte des Jahres in Spanien und sind somit steuerrechtlich in Spanien ansässig, sollte in jedem Fall die genannte Rechtswahl getroffen werden um mögliche Unklarheiten zu vermeiden.
Grundliegende Erbrechtsunterschiede und deren Folgen
Auch wenn zwischen dem deutschen und dem spanischen Erbrecht grundlegende Gemeinsamkeiten zu beobachten sind, fallen ebenfalls zahlreiche Unterschiede ins Auge. Ist der Erblasser in einer ehelichen Gütergemeinschaft verheiratet, steht dem hinterbliebenen Ehepartner nach deutschem Recht nicht nur die Hälfte der gemeinsamen Güter, sondern ebenfalls die Hälfte des Nachlasses zu. Im spanischen Erbrecht hingegeben steht dem hinterbliebenen Ehepartner lediglich der Nießbrauch eines Drittels der Erbschaft zu. Insgesamt betrachtet ist im spanischen Erbrecht die Verfügungsfreiheit auf ein Drittel der Erbschaft beschränkt und die Kinder werden dem Ehepartner gegenüber dem deutschen Recht stark bevorzugt.
Weitere und vertiefte Informationen zu den Vor- und Nachteilen zwischen dem deutschen und dem spanischen Erbrecht finden Sie in unserer Serie "Erbrechtsunterschiede".
Von Seitens unserer Kanzlei helfen wir Ihnen gern bei der Analyse Ihrer konkreten Situation, erstellen für Sie eine Erbrechts- und Steuerplanung und helfen Ihnen auch gern bei der Erstellung des entsprechenden Testamentes. Bei Interesse oder konkreten Fragen zum Thema, stehen wir Ihnen gern per Mail oder telefonisch in deutscher Sprache zur Verfügung.
Autor:
Christoph Sander
Rechtsanwalt & Steuerberater, Geschäfsführender Partner
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